In unserem ersten Ratgeberteil haben wir über bekannte Einrichtungsstile wie Minimalismus, den Landhausstil oder skandinavisches Design gesprochen. Heute schauen wir über den eigenen Tellerrand hinaus, was andere Länder und andere Epochen zu bieten haben – darunter Retro-Designs, asiatische Wohnprinzipien wie Feng-Shui und industrielles Loftambiente.
Retro-Design: Nachmachen erlaubt!
Das beliebte Retro-Design richtet sich nach dem Einrichtungsstil der 50er und 60er Jahre und hält seit einigen Jahren einen fulminanten Einzug in die zeitgenössische Innenarchitektur. Tapeten in schrillen Designs mit geometrischen, fast futuristisch anmutenden Formen, Nierentische und Stühle aus gegossenem Kunststoff und runden Kanten oder Sofas mit spitz zulaufenden Beinen sind die Klassiker dieser Epoche, die im Retro-Design nachempfunden werden. Weil der Retro-Look sich gut mit dem Bauhaus-Stil, nordischen Strömungen und Pop-Art kombinieren lässt, haben klassische Möbel der Retro-Epoche eine Art Frischekick erhalten und sind wieder auf dem Markt erhältlich.
Viele Möbel sind aus Holz und zeigen meistens organische, schlichte Formen. Gefertigt werden sie aus dünnem Holz, das sich biegen lässt. Nachdem zunächst viele heimische Hölzer wie Eiche oder Buche verwendet wurden, strömte der Trend rund um Teakholz von Amerika aus auf den europäischen Markt und prägt den Stil bis heute. Das dunkle Holz bietet dabei eine wunderschöne Grundlage für die ungewöhnlichen Muster in Kissen, Decken und Tapeten. Und auch die klassischen Farben Grün, Gelb, Orange, Pink, Lila oder Braun kommen so perfekt zur Geltung.
Vintage oder Retro – was ist der Unterschied?
Die Begriffe Vintage und Retro werden häufig miteinander verwechselt. Und tatsächlich sind sich die beiden Stile ähnlich – sofern man sich einmal die Unterschiede bewusst macht. Der entscheidende Unterschied zwischen Vintage und Retro: Der Retro-Look ist nicht wirklich alt, sondern hat die Elemente der 50er und 60er Jahre in die heutige Zeit geholt und in Form von Möbeln, Textilien und Mustern nachempfunden.
Vintage dagegen meint tatsächlich alte Materialien und Möbelstücke der Epoche zwischen 1920 und 1980. Typische Klassiker sind die Designs von Arne Jacobsen oder Charles Eames. Doch weil die Möbelstücke mittlerweile eine Rarität bedeuten und zu zum Teil horrenden Preisen gehandelt werden, hat sich der Vintage-Stil durchgesetzt, der neue Möbelstücke „auf alt“ macht. Ein populäres Beispiel dafür sind Kommoden oder Stühle im Shabby Chic-Design, wo Möbel durch eine bestimmte Behandlung den gewünschten Used-Look bekommen.
Wie aber richtet man sich nun im Vintage-Stil ein? Fest steht, die Möbel dieser Epoche bringen es mit sich, alle Blicke auf sich zu ziehen. Sie mögen nichts neben sich, was einem die Schau stehlen könnte. Insofern lieber eine neutrale Raumgestaltung schaffen und darin Solitärmöbel als Hingucker platzieren. Tipp: Auf Flohmärkten oder im Rahmen von Haushaltsauflösungen lassen sich immer wieder Originale ergattern. Aber aufgepasst: Gerade im Internet werden viele Produkte angeboten, die gefälscht sind.
Feng-Shui – Vorhang auf für positive Energie
Feng-Shui ist eine aus China stammenden Harmonielehre, die den Menschen in ein harmonisches Gleichgewicht mit seiner Umgebung, in erster Linie mit seinen Wohnräumen, bringen will. In der Raumgestaltung sorgt Feng-Shui dafür, dass das Chi – die positive Energie – frei in Räumen zirkulieren kann und sich keine schlechte Energie im Raum festsetzt.
Wir betrachten das Wohnzimmer einmal als den zentralen Raum und Begegnungsort im Haus. Welche Bausteine gehören im Feng-Shui dazu?
- Eine durchgehend saubere und ordentliche Umgebung ist die Basis im Feng-Shui.
- Farbtöne wie Creme, Weiß oder Pastelltöne sorgen für eine entspannte Atmosphäre. Kräftige Farben wie Rot, Aubergine oder Grün können kombiniert werden, sollten aber zum persönlichen Lebensgefühl passen.
- Das Sofa sollte nicht in der Mitte des Raumes stehen und freie Sicht auf Fenster und Türen bieten.
- Das Sofa braucht als Schutz eine stabile Wand hinter sich.
- Das Zentrum des Raumes sollte frei sein, damit die Lebensenergie hier frei zirkulieren kann. Um das Zentrum zu betonen, darf hier ein schöner Teppich liegen oder sich eine Lampe oder ein Stuckornament an der Decke befinden.
- Spiegel sind gut, da sie den Raum weiten, sollten aber nicht gegenüber von Türen hängen, da die Energie sonst aus dem Zimmer strömt.
- Tische mit runden Kanten sind besser als solche mit spitzen Ecken.
- Verschiedene Lichtinseln im Wohnraum sind besser als eine harte Deckenbeleuchtung.
Asiatischer Einrichtungsstil – von schlicht bis farbenfroh
Wer nun denkt, dass es bei der asiatischen Raumgestaltung nur um Feng-Shui geht, der liegt falsch. Denn natürlich lassen sich Wohnräume auch abseits der Lehre rund um die Lebensenergie einrichten. Gerade Personen, die gerne in asiatische Länder wie China, Thailand oder Japan reisen, lieben das besondere Flair und wollen es in die eigenen vier Wände holen.
Der asiatische Stil wird häufig mit Schlichtheit und natürliche Materialien in Verbindung gebracht. Fakt ist aber: Asien ist unendlich groß und bietet eine Vielzahl an sehr unterschiedlichen Einflüssen. Wer nur die Länder Indien, China und Japan miteinander vergleicht, erkennt die Vielfalt. Aus diesem Grund lässt sich nicht von dem einen asiatischen Stil sprechen.
Indien
Indien ist farbenfroh und fröhlich. Das zeigt schon die typische Kleidung der Inder, die in kräftigen Farben und mit liebevollen Details ausgestattet sind. Das setzt sich in der Raumgestaltung fort. Stoffe haben hier einen besonderen Stellenwert. Neben Vorhängen und Tischwaren finden sich in indischen Wohnzimmern häufig Teppiche, auf denen man unter Zuhilfenahme von Kissen Platz nimmt. Dunkle Holzmöbel wie Kommoden, Tische oder Schränke mit den typischen Verzierungen runden das Interieur ab.
Japan
In der japanischen Raumgestaltung geht es in erster Linie darum, Abstand vom Alltag zu bekommen und Ruhe zu finden. Dieses Lebensgefühl spiegelt sich in den Räumen wider, die von einer besonders leichten Bauweise geprägt sind und in erster Linie natürliche Materialien wie Bambus, Papier oder Stroh verwenden – mit extrem minimalistischer Raumgestaltung. Dekorative Elemente gibt es nur in dezenter Anordnung.
Auch eine Raumaufteilung in Wohnen, Essen oder Schlafen, wie wir sie in Europa kennen, gibt es in der klassisch japanischen Kultur nicht. So lassen sich Räume je nach Nutzung umfunktionieren. Zur Nacht werden beispielsweise Futons zum Schlafen aufgestellt, die am Morgen wieder verschwinden. Schiebewände oder Paravents sorgen für eine nötige Privatsphäre. Meistens haben die multifunktional gestalteten Räume Zugang zu einer Terrasse und einem kleinen Garten im ZEN-Look.
China
Der chinesische Stil ist ebenfalls schlichter Natur und setzt viele natürliche Materialien ein. Dazu zählt zum Beispiel das chinesische Unterholz, aus denen Möbelstücke in gradlinigen Formen erstellt werden. Besonders beliebt sind die sogenannten chinesischen Hochzeitsschränke mit ihrem typischen, runden Messingaufsatz. Aber auch Möbelstücke, die mit Lack in Schwarz, Rot oder Gelb überzogen sind und auf denen sich Verzierungen in asiatischen Schriftzeichen befinden, gehören zu den typischen Einrichtungsgegenständen. Accessoires wie Lampions, Fächer, Orchideen, Trennwände oder Buddha-Figuren runden die Gestaltung ab.
Orientalischer Einrichtungsstil – fast wie im Märchen
Wir tauchen ein Stück weiter ein in zauberhafte Welten wie in Tausendundeiner Nacht und sehen uns den orientalischen Stil an. Der umfasst rein geografisch Nordafrika und den arabischen Raum. Wer sich die opulenten Paläste Arabiens oder Lampen aus Naturmaterialien, üppige Stoffe und Teppiche in Erdtönen und Palmen oder kleine Wasserstellen in Nordafrika vor Augen führt, hat eine Ahnung, was ihn erwartet.
Eines der wichtigsten Bestandteile in der orientalischen Einrichtung sind opulente Stoffe wie Seide, Brokat, Organza oder Baumwolle. Sie können in Form von Teppichen, Vorhängen, Kissen und Poufs daherkommen oder sogar die komplette Decke verkleiden und einen Raum so als Ganzes in Textilien tauchen. Was für den Minimalismus mit seiner schlichten Einrichtung gilt, muss hier ins Gegenteil verwandelt werden: Je mehr Gestaltung, umso besser! Die Möbel selbst bestehen meistens aus dunklem Holz und werden mit bequemen Sitzpolstern – häufig in Bodennähe – kombiniert.
Zu den dunklen Möbeln und der warmen Farbpalette gesellen sich gerne Edelmetalle verschiedenster Art. Das können Schalen, Laternen, Teetassen und -kannen oder Kerzen sein. Auch buntes Glas ist ein beliebtes Stilelement.
Industriedesign – wer hat den coolsten Look?
Einen ganz anderen Stil erleben wir, wenn wir uns mit dem Thema Loft-Design beschäftigen. Ursprünglich ist ein Loft eigentlich eine industrielle Lagerhalle oder Fabrikanlage, aus denen Wohnräume gemacht wurden. Grobe Betondecken oder -wände, freiliegende Stahlrohre und Metalltreppen gehören zum klassischen Look, der bereits 1940 in England und den USA auftrat, aber erst in den 90er Jahren nach Deutschland kam. Gerade im urbanen Raum werden immer mehr ursprüngliche Lagerhallen zu solchen Lofts umfunktioniert – mit immer mehr Liebhabern. Doch auch ohne die baulichen Voraussetzungen muss man nicht zwangsläufig auf ein solches Ambiente verzichten.
Welche Elemente unterstützen das Industriedesign:
- Sichtbeton an Decken, Wänden oder Fußböden
- Freiliegende Stahlträger
- Freigelegte Ziegelwände
- Einbauküchen in Edelstahl-Optik
- Eckige Armaturen in Küche und Bad
- Möbel mit rostigem Metall
- Alte Buchstaben im XXL-Format
- Alte Schul- oder Sportmöbel
- Metallregale
- Arbeitslampen
- Spints
- Leuchtreklamen
Besonders authentisch wirkt der Stil, sofern man tatsächlich alte Gegenständige aus Fabriken einsetzt. Die lassen sich heute immer noch auf Flohmärkten oder im Internet finden. Alternativ gibt es Möbel und Accessoires zu kaufen, die den Look nur nachstellen.
Titelbild: Herstellerfoto